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AutorenbildMarkus Baier

Ein schmaler Grat

Aktualisiert: 5. Dez. 2020

Wenn Sie diese Woche die Nachrichten über Lemgo verfolgt haben, könnten Sie sich die Frage gestellt haben: "Wie passt denn das zusammen?". Einerseits freuen wir uns über neuen Einzelhandel mit nachhaltigen Produkten in der Innenstadt, rufen auf, die Einzelhändler, Schausteller, Imbisse und Gastronomen zu unterstützen. Der Rat der Stadt erlässt die Sondernutzungsgebühren für die gebeutelten Unternehmer in Innenstadtlage. Andererseits bitten wir um Verständnis für ein "Kläschen zuhause", müssen Sportvereine vertrösten und erlassen jetzt sogar eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in den Einkaufszonen der historischen Innenstadt (und im Bereich der Berufsschulen am Lüttfeld). Bei öffentlichen Sitzungen habe ich die neuen Ausschussvorsitzenden gebeten, sich bei Terminen in den nächsten Wochen nach Möglichkeit zurück zu halten und nur wichtige Sitzungen mit zur Entscheidung anstehenden Themen abzuhalten. Die gleichbleibend hohe "Inzidenz", also der 7-Tages-Wert der Covid19-Infektionen in Lippe zwingt uns natürlich zu letzterem. Wegen der Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen, aber auch um hier vor Ort Menschenleben zu schützen. Die Infektionszahlen liegen bei uns in Lippe seit mehreren Wochen besonders hoch im NRW-Vergleich. Das Gesundheitsamt des Kreises spricht von einem "diffusen Infektionsgeschehen", man weiß also nicht genau, wo sich die Menschen anstecken. Um von diesen gefährlichen Zahlen, die zwangsweise (etwa zu einem Prozent der bekannten Ansteckungen sagt die Statistik) zu Todesfällen führt, herunter zu kommen, bleibt nur der Weg der Kontaktreduzierung. Warum dann trotzdem Einkaufen oder Schlemmereien abholen? Weil Existenzen davon abhängen. In Berlin, in Düsseldorf, in Detmold und in Lemgo müssen täglich Abwägungen getroffen werden. Was hilft, um Kontakte zu reduzieren, und wie steht das im Verhältnis zu dem damit auf anderen Ebenen angerichteten Schaden? Dem Verpassen von Bildung, der wirtschaftlichen Notlage oder der Einsamkeit in Pflegeeinrichtungen. Der Bereich unserer persönlichen Freizeit genießt dabei eine geringere Priorität. Das ist unheimlich schade, aber vielleicht verständlich. Ich kann nur hoffen, dass diejenigen, die in normalen Zeiten davon leben, uns Freude zu bereiten wie Schausteller, Künstler, Veranstalter und viele andere vom Staat entsprechende uns auskömmliche Hilfen bekommen.

Als Stadt versuchen wir, den gebotenen Anforderungen des Infektionsschutzes im Rahmen dessen, was wir zu entscheiden haben gerecht zu werden, aber gleichzeitig auf die Notlagen aus anderen Gründen zu achten. Das mag nicht immer zu 100 % gelingen oder verständlich oder gerecht sein, ich glaube das funktioniert vermutlich auch nicht, da die Lage zu individuell und komplex ist. Aber in Lemgo gehen wir es mit Rationalität an und hoffen auf Ihr Verständnis für diese Gratwanderung. Heute morgen habe ich im Radio einen Bericht über die Stadt Münster gehört. Dort ist das Infektionsgeschehen aktuell erfreulich moderat. Als Begründung nannte ein öffentlicher Vertreter die Tatsache, dass sich die Münsteraner/innen besonders mit ihrer Stadt identifizieren. Das lässt für Lemgo hoffen, denn auch wir sind stolz auf unsere Stadt und halten zusammen. Lassen Sie uns alle mithelfen, die Infektionen im Zaun zu halten. Es gibt Licht am Ende des Tunnels mit der Impfung. Gleichwohl werden wir im nächsten Jahr noch viele Monate mit Corona zu tun haben und die Hygieneregeln beachten müssen. Helfen wir alle zusammen, mit Zurückhaltung und gezielter Unterstützung gleichzeitig. Dann kommen wir gut über diesen außergewöhnlichen Winter. Ich wünsche Ihnen eine frohe und gesunde Adventszeit!

(SAE= Stab für außergewöhnliche Ereignisse)

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